Der Weg der Gesetzgebung bis zum Güterichter. Zunächst sollte die Gerichtsmediation ausgebaut werden. Der Rechtsausschuss des Bundestag empfahl aber die Einführung des Güterichters. Die Bundesländer wollten die Gerichtsmediation nicht aufgeben, sodass der Güterichter nun „alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen“ kann.[1]§ 278 Abs. 5 S. 2 ZPO
Europäische Vorgaben: Richtlinie 2008/52/EG
Der Ausgangspunkt des Mediationsgesetzes, und damit auch des Güterichters, war die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen. Damit wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, bestimmte Regelungen zur grenzübergreifenden Mediation in nationales Recht umzusetzen.
Die Richtlinie gab zum Beispiel vor sicherzustellen, dass ein Mediator und andere Beteiligte nicht dazu gezwungen sind, vor dem Zivilgericht Aussagen über den Inhalt der Mediation machen zu müssen.[2]Art. 7 der Richtlinie 2008/52/EG Auch verlangte die Richtlinie, dass durch eine Mediation Verjährungsfristen gehemmt werden müssten.[3]Art. 8 der Richtlinie 2008/52/EG
Die Richtlinie wollte erreichen, dass Mediation durch einen einheitlichen Rechtsrahmen stärker als bislang genutzt werde [4]Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2008/52/EG. Die kostengünstige und rasche außergerichtliche Streitbeilegung diene insbesondere dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes.[5]Erwägungsgründe 5,6 der Richtlinie 2008/52/EG Die Mitgliedstaaten waren dazu verpflichtet, die vorgegebenen Regelungen bis zum 21. Mai 2011 in nationales Recht umzusetzen.[6]Art. 12 der Richtlinie 2008/52/EG
Der Weg zum Mediationsgesetz
Referentenentwurf, Regierungsentwurf und Stellungnahme des Bunderates
Im August 2010 legte das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf zum Mediationsgesetz vor. Dort war vorgesehen, dass die Bundesländer ermächtigt würden, die bis dahin vereinzelt durchgeführte gerichtsinterne Mediation weiterhin anzubieten. Damit wäre eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage geschaffen worden, die bis dahin praktizierte Richtermediation fortführen zu können.[7]S. 5 des Referentenentwurfs, S. 6 des Regierungsentwurfs
Die Bundesregierung beschloss im Januar 2011 eine gleichlautenden Regierungsentwurf. Zu diesem Gesetzesentwurf nahm der Bundesrat im März 2011 Stellung. Der Bundesrat äußerte sich grundsätzlich befürwortend, wobei besonders die gesetzliche Grundlage für die gerichtliche Mediation hervorgehoben wurde.[8]S. 1 f. der Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 60/11 (B)
- Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, August 2010
- Regierungsentwurf der Bundesregierung, Dezember 2010
- Stellungnahmen zum Referentenentwurf und zum Regierungsentwurf auf der Internetseite der Bibliothek des Bundesgerichtshofes
- BR-Drs. 60/11 (Regierungsentwurf), Februar 2011
- BR-Drs. 60/1/11 (Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates), Anfang März 2011
- BR-Drs. 60/11 (B) (Stellungnahme des Bundesrates), Mitte März 2011
Rechtsausschuss und Bundestagsbeschluss
Die Bundesregierung brachte im April 2011 ihren Gesetzesentwurf in den Bundestag ein. In ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates machte sie nochmals deutlich, dass ihr Gesetzesentwurf das ziel verfolge, richterliche und private Mediatoren gleichzustellen.[9]S. 1 der Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/5496
Nach der ersten Lesung im Bundestag wurde der Gesetzentwurf in den Rechtsausschuss überwiesen. Dort kam es im Mai 2011 zu einer öffentlichen Anhörung, in der besonders die gerichtsinterne Mediation kritische Beachtung fand. Im Rechtsausschuss einigte man sich deshalb darauf, die gerichtsinterne Mediation in ein „erheblich erweitertes Institut des Güterichters“ zu überführen.[10]S. 17 der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058 Damit wurde die zuvor noch angenommene Gleichartigkeit von richterlicher und privater Mediation ausdrücklich aufgegeben. Der Güterichter sei ausdrücklich kein Mediator.[11]S. 17 der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058 Der Bundestag nahm die Ausschussempfehlung Mitte Dezember 2011 an.
- BT-Drs. 17/5335 (Gesetzesentwurf des Bundesregierung), Anfang April 2011
- BT-Drs. 17/5496 (Gegenäußerung der Bundesregierung), Mitte April 2011
- Stellungnahmen der Sachverständigen im Rechtsausschuss auf der Internetseite des Deutschen Bundestages, Mai 2011
- BT-Drs. 17/8058 (Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses), Dezember 2011
Bundesrat und Vermittlungsausschuss
Nach dem Beschluss durch den Bundestag beschloss der Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die Bundesländer wollten ausdrücklich an der bislang praktizierten gerichtsinternen Mediation festhalten. Sie waren der Ansicht, dass das Konzept des Güterichters diesem Bedürfnis nicht gerecht werde. Jedenfalls aber solle deutlicher festgehalten werden, dass das Güterichtermodell nicht das Ende der gerichtsinternen Mediation bedeute.[12]S. 3 der Anrufung des Vermittlungsausschusses, BR-Drs. 10/12 (B)
Die Empfehlung des Vermittlungsausschuss sah als Kompromiss vor, die freie Methodenwahl des Güterichters, insbesondere der Mediation, in den Gesetzestext aufzunehmen.[13]S. 2 der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. 17/10102 Ende Juni nahm der Bundestag dieses Vermittlungsergebnis an. Der Bundesrat beschloss darauf, keinen Einspruch dagegen einzulegen.
- BR-Drs. 10/12 (B) (Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat), Februar 2012
- BT-Drs. 17/10102 (Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses), Juni 2012
- BR-Drs. 377/12 (Annahme des Vermittlungsergebnisses durch den Bundestag), Juni 2012
- BR-Drs. 377/12 (B) (Verzicht auf Einspruch des Bundesrats), Juni 2012
Mediationsgesetz und Güterichter
Das Mediationsgesetz wurde am 21. Juli 2012 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat einen Tag später in Kraft. Dadurch wurde der Güterichter in allen Prozessordnungen verankert.
Überblicke über das Gesetzgebungsverfahren
- Bibliothek des Bundesgerichtshofs zum Mediationsgesetz
- Dokumentations- und Informationssystem des Deutschen Bundestages
- Archiv von beck-aktuell
Nachweise